Schon so manche Ehe gestiftet
Aus dem örtlichen Vereinsleben ist der Musikverein Eintracht nicht wegzudenken. Dabei war es ein historischer Zufall, der den Offenbacher Verein nach Bieber brachte – zur Zufriedenheit aller.
Von Stefan Mangold
Bieber • Gefühlt ist der Musikverein Eintracht 1898 ein Bieberer Verein – doch sein voller Name lautet Musikverein Eintracht 1898 Offenbach. Es ist das Ergebnis eines historischen Zufalls: Vor fast einem halben Jahrhundert wurde in der Gemeinde St. Nikolaus an der Pfarrgasse ein Raum frei. Der Verein griff zu und probt seitdem dort. Bald rekrutierte das Blasorchester einen Großteil seiner Mitglieder in Bieber.
Der Vorsitzende Markus Merkel fand vor mehr als 20 Jahren als 14-Jähriger zur Eintracht: „Freunde spielten mit und ich wohnte um die Ecke.“ Zuvor hatte er im Kinderchor der Concordia gesungen. Eine Karriere, die mit dem Stimmbruch endete. Lange spielte er Trompete. Dan fehlte ein Tubist. Merkel sattelte um.
„Eigentlich bestehen wir aus drei Vereinen“, erklärt Georg Zahn. Der Vize-Vorsitzende übergab nach über einem Jahrzehnt an der Spitze vor vier Jahren an Merkel.
Die Eintracht blickt auf 116 Jahre Geschichte zurück: Der Musikverein Vorwärts gründete sich 1898, ein Jahr später der Offenbacher Musikverein. Der erste Weltkrieg lichtete die Reihen beider. Am 14. Juli 1919 schlossen sich deshalb die zwei Ensembles zum Musikverein Offenbach am Main zusammen. Der nächste Krieg bedingte das gleiche Problem. Am 19 April 1946 fusionierten der Musikverein Offenbach am Main und der katholische Musikverein Viktoria – der hatte sich 1898 gegründet – zum heutigen Musikverein Eintracht.
Zahn zog 1974 durch die Heirat mit seiner Frau Petra nach Bieber. Die nächsten Jahre fuhr er noch zu den Proben des TGS-Blasorchesters Hause. Damals spielte er Tuba. „Der langjährige Vorsitzende Otto Trillig überredete mich 1978, zur Eintracht zu wechseln“, erinnert sich der Wahl-Bieberer, der vor zehn Jahren die Tuba mit dem Schlagwerk tauschte.
Man habe ihn mit offenen Armen aufgenommen, „wie jeden, der kommt“. Auch Mitglieder wie der Trompeter Mike Kauling, der von Westfalen herzog, oder die japanische Saxofonistin Akiko Katsumata, treibende Kraft eines Benefizkonzerts für Opfer der Kernkraftkatastrophe von Fukushima.
Ansonsten tragen mehrere Musiker den Namen des Vorsitzenden, etwa die Flötistin Simone Merkel, Frau von Markus. Der Musikverein dient immer wieder als Stifter von Ehen. In der vergangenen Dekade heirateten drei Paare, die sich während der Probenarbeit bildeten.
Markus Merkel ist der älteste von zehn Geschwistern. Merkels vier Brüder und eine der fünf Schwestern spielen mit. Nicht nur deshalb herrschen keine Nachwuchssorgen. „Wir werben ständig um Kinder und Jugendliche.“
Im Jugendorchester, das Sigrid Tigges dirigiert, proben 20 Instrumentalisten. Die meisten bleiben nach der Probe sitzen, um anschließend mit den Erwachsenen zu üben. Das Hauptorchester zählt normalerweise 25 Musiker. Seit drei Jahren steht Florian Seemann am Pult. Zu Konzerten und den Proben unmittelbar vorher erscheinen auch Ehemalige, die mittlerweile weit weg wohnen und nicht mehr regelmäßig kommen können.
Im Kulturleben Biebers hat die Eintracht ihre festen Plätze. Der Verein musiziert jedes Jahr zur Eröffnung des Bieberer Aussichtsturms. Das Turmfest veranstaltet die Eintracht zusammen mit den Offenbacher 03. Als Höhepunkt im Kalender gilt das Adventskonzert mit sich abwechselnden Bieberer Chören.
Auch Kinder und Jugendliche, die noch kein Holz-, Blechblas- oder Schlagwerkinstrument spielen, sind willkommen: „Wir bilden auch aus“, sagt Markus Merkel.
Bericht aus der Offenbach Post am 14. Mai 2014