Frühlingskonzert am 22. April 2018
Sich selbst den Marsch geblasen
Musikverein Eintracht stimmt mit abwechslungsreichem Frühlingskonzert auf sein Jubiläum ein
Bis zur akademischen Feier dauert es noch einen Monat, doch bereits jetzt hat der Musikverein Eintracht auf sein 120-jähriges Bestehen eingestimmt. Mit seinem Frühlingskonzert erfreute er am Sonntag auf dem Ostendplatz das Publikum- endlich bei gutem Wetter.
Wenn sich ein Orchester selbst den Geburtstagsmarsch bläst, liegt etwas Besonderes in der Frühlingsluft. Der Musikverein Eintracht Offenbach besteht 120 Jahre, deswegen darf er das.
Das beliebte Glückwunschlied, das einst Ernst Mosch nach einer Komposition von Mildred J. Hill in vielen Konzerten seiner Egerländer Kapelle intoniert hat, eröffnet den bunten Melodienreigen des großen Orchesters beim Konzert am Sonntagnachmittag auf dem Bieberer Ostendplatz.
Dort verfolgen die Zuhörer auf Bierbänken das musikalische Geschehen beziehungsweise erleben es von der Terrasse der benachbarten Ristobar aus. Neben klassischer Volksmusik, Chansons und Filmmelodien werden auch populäre Rock-Songs dargeboten und mit Taylor Swifts Hit „ Shake it off“ ist sogar ein Chartstürmer dabei. Dafür sorget zunächst das neunköpfige Jugendorchester. „Wir waren schon mal 15 Mitglieder, sind aber durch Wegzüge etwas geschrumpft“, bedauert Dirigent Diego Merkel. Regelmäßig trifft sich die Nachwuchsformation freitags ab 18.30 Uhr im Vereinsraum unter der Katholischen St. Nikolauskirche an der Pfarrgasse zum Üben und kann also Zuwachs gebrauchen. Sarina Dietz spielt seit ihrem elften Lebensjahr im Jugendorchester, die Querflöte ist ihr Instrument. „Mir macht das Musizieren nach wie vor Freude“ sagt die 15- Jährige Schülerin. Auch sie hätte nichts gegen ein paar Neuzugänge. Musikinteressierte Jugendliche müssen auch nicht gleich ein eigenes Instrument mitbringen, zumal eine solche Anschaffung ihren Preis kostet. „Trompete und Posaune zum Beispiel haben wir im vereinseigenen Bestand“, versichert Diego Merkel. „Damit kann man es ja erstmal versuchen“. Er selbst dirigiert nicht nur das Jugendorchester, sondern steht auch in der großen Formation seinen Mann. Merkel und Christoph Tiede bestreiten als Klarinettenmuckl einen von Dirigent Florian Seemann besonders angekündigten Auftritt und werden vom Publikum mit anerkennendem Applaus belohnt. Solistisch tritt auch Altsaxofonist Christian Sporn in Erscheinung und kommt mit einer einfühlsamen Interpretation von „Gabriellas Song“ aus dem schwedischen Musikfilmdrama „Wie im Himmel“ daher. Um einiges bekannter sind zwei andere ausgewählte Melodien für Orchester, die nicht nur Generationen von Kinoliebhabern ins Ohr gehen: „Time of my life“ aus „Dirty Dancing“ und das in verschiedenen Arrangements erfolgreiche Thema „It had better be tonight“, das Hanry Mancini 1963 für den Film „Pink Panther“ schrieb und Michael Boblè 40 Jahre später mit viel Swing interpretierte.
Das Konzert auf dem Ostendplatz spannt einen weiten Klangbogen, und Dirigent Florian Seemann verstand es, die musikalische Darbietungen der zwei Dutzend Aktiven mit Erinnerungen an markante Ereignisse der Vereinsgeschichte zu koppeln. So zauberte er ein verblichen wirkendes Hemd hervor, auf dem eine Notenzeile sowie mehrere Instrumente eingestickt sind. „damit sind wir in den 1980er Jahren aufgetreten, bevor wir uns für mehr Cick entschieden haben“, bemerkte er schmunzelnd. Ihre klassischen roten Blazer sind inzwischen das Markenzeichen. Die Orchestermitglieder tragen sie angesichts frühsommerlicher Temperaturen diesmal aber nur am Beginn des zweistündigen Konzerts. Dann ist textile Erleichterung erlaubt, und ein paar T-Shirt aus dem Restbestand werden übergesteift, die der Verein 1998 zum 100.jährigen Bestehen hatte herstellen lassen.
Ein weiterer Kostümwechsel leitet zum rockigen Teil des Programms über, als Seemann in eine schwarze Lederjacke schlüpft und unter dunkler Langhaarperücke schwitzend einen Bon-Jovi-Hit-Mix dirigiert. Das Finale bestreiten großes und Jugendorchester gemeinsam. Sie nehmen mit Stücken aus den 1960ern Anleihen bei Neil Diamond („Sweet Caroline“) und James Last („Games that lovers play“).
Schon bald gibt es die nächste Gelegenheit, den Klängen des fest in die örtliche Vereinslandschaft eingebetteten Orchester zu lauschen. „Am 1.Mai spielen wir zur Eröffnung der Aussichtsturmsaison auf“ kündigt der Dirigent an. Der Termin der akademischen Feier zum 120. Geburtstag steht ebenfalls fast: 26.Mai.
Bericht der Offenbach Post vom 25.04.2018 von Peter Klein (op-online.de)